Nachkriegsstimmnung

Mit dem Kriegsende verbesserte sich die wirtschaftliche Lage keineswegs. Es wurde eher problematischer. Schon im zweiten Kriegsjahr 1915 war die Versorgung der Bevölkerung einge-schränkt worden … und von Kriegsjahr zu Kriegsjahr wurde es immer schlimmer. Lebensmittel, Bekleidung, beinahe alles wurde rationiert, ohne Bezugsscheine ging gar nichts mehr, Ersatzstoffe hatten Hochkonjunktur. Die Brotkarte erblickte im März 1915 das Licht der Öffentlichkeit und sollte erst Ende März 1923 abgeschafft werden. 

Mit dem Kriegsende brach die Monarchie zusammen, die Demokratie wurde in Zeiten geschaffen, als Mangel und Elend das Denken der Menschen beherrschte - keine guten Bedingungen. 

Viele Menschen hatten ihr Geld in Kriegsanleihen gesteckt, die waren nun absehbar wertlos. Der Vertrag von Versailles mit der Festschreibung der deutschen Kriegsschuld und immensen Reparationsforderungen war für ein Volk psychologisch schwer zu verdauen, das über fünf Jahre seit Ausbruch des Krieges gehört hatte, dass man angegriffen sei, für eine gerechte Sache kämpfe und einen Siegfrieden erreichen würde. 

So konnte der Arbeiterrat, auch wenn der revolutionäre Wille ohnehin in diesem Gremium fehlte, sich nur darauf beschränken, seine vermeintliche Macht zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung und einer gerechten Verteilung der Mangelgüter einzusetzen … so lange er überhaupt existierte. 

Bei der Wahl zum ersten Reichstag gab es Überlegungen, die Wahl erst im Herbst abzuhalten, weil dann nach Einbringung der Ernte die Versorgungslage der Bevölkerung eine bessere sei. Allerdings - es wurde dann doch im Juni 1920 gewählt. 

Die Startbedingungen der Weimarer Republik waren schlecht, wirtschaftlich ging es nur langsam wieder aufwärts, die Dolch-stoßlegende - das deutsche Heer sei im Weltkrieg „im Felde unbesiegt“ geblieben und habe erst durch oppositionelle „vaterlandslose“ Zivilisten aus der Heimat einen „Dolchstoß von hinten“ erhalten - desavouierte die neuen politischen Kräfte . Die Parteienzersplitterung ließ Regierungsbildungen schwierig werden und die Geldentwertung nach dem Krieg, die sich zu einer Hyperinflation im Jahr 1923 steigerte, vernichtete viele Existenzen. 

Recht emotionslos beschreibt Adolf Hueg 1928 den Wandel zur Demokratie und macht deutlich, dass er letztendlich noch sehr am Hergebrachten hängt: „Die Revolution brachte vollständige Freiheit der öffentlichen Meinung, die sich nun, wie das in der Natur der Sache liegt, bei den Massen in erster Linie gegen das alte Regiment richtete, zumal die Vertreter des neuen Systems die Zukunft in den rosigsten Farben schilderten und die von den Nöten des Krieges so lange heimgesuchten Menschen natür-licherweise bereit waren, an diese Hoffnungen zu glauben. (…) Das alte Parteiensystem wurde über den Haufen geworfen, doch nur scheinbar, denn die neuen Parteien waren die Fortsetzer der alten mit neuem Namen unter Anpassung an die veränderten Bedingungen.“ 

Eine Auseinandersetzung mit dem Krieg und seinen Ursachen versuchte er nicht einmal. Von der neuen demokratischen Ordnung war er nicht angetan - und damit ein Sohn seiner Zeit. 

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